Welcher Sportler träumt nicht davon, mit der Nationalmannschaft einen historisch bislang einmaligen Erfolg seines Heimatlands zu feiern? Luca Jagar-Wölker aus der A-Jugend von HaSpo Bayreuth ist nun bei der Handball-Weltmeisterschaft der Altersklasse U17 in Marokko genau das gelungen. Zwar gehörte der 17-Jährige nicht zur deutschen Auswahl, die in einem hochdramatischen Endspiel gegen Ägypten mit 44:43 nach Verlängerung den Titel gewann, aber er erreichte im Trikot der USA den achten Platz unter den zwölf teilnehmenden Nationen. \"Noch nie hat ein US-Team mehr erreicht als einen neunten Platz\", erklärt Jagar-Wölker den Stellenwert für das Handball-Entwicklungsland, das bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles eine konkurrenzfähige Mannschaft aufgebaut haben will.
Der Bayreuther, der in Akron im US-Bundesstaat Ohio geboren wurde (Basketball-Fans bekannt als Heimatstadt von Megastar LeBron James) und vier Jahre lang dort gelebt hat, gehörte dabei sogar zu den Leistungsträgern. Er stand in allen fünf Spielen in der Startformation und war immer weit mehr als die Hälfte der Spielzeit im Einsatz. Dabei erzielte er 13 Treffer bei 24 Versuchen, obwohl er als Rechtshänder nicht auf seiner in Bayreuth gewohnten Position im linken Rückraum zum Einsatz kam, sondern hauptsächlich auf der rechten Seite. Das hatte mit den Regeln des Turniers zu tun, die wie üblich in den jüngeren Nachwuchsklassen eine Auswechslung nur bei Ballbesitz zuließen (also keine Abwehrspezialisten): \"Ich war in erster Linie in der Abwehr eingeplant, weil es da auf der rechten Seite niemanden mit meiner Statur gab\", erklärt der 1,89 Meter große Athlet. \"Also blieb ich dort auch im Angriff.\" Zu den Besonderheiten gehörte übrigens auch, dass der Torwart nicht beliebig durch einen siebten Feldspieler ersetzt werden konnte. Zudem wurde zwar über A-Jugend-Zeit von zweimal 30 Minuten gespielt, aber mit einem Ball in B-Jugend-Größe - und vor allem: ohne Haftmittel!
Den größten Beitrag zum US-Erfolg leistete Jagar-Wölker ausgerechnet als Topscorer im wichtigsten Spiel. Nach den Niederlagen gegen Brasilien (28:37) und den späteren Vizemeister Ägypten (22:42) erzielte der Bayreuther beim 22:21-Sieg gegen Gastgeber Marokko in mehr als 51 Einsatzminuten sechs Tore bei neun Versuchen. Dieser Erfolg bedeutete nicht nur den dritten Platz in der Gruppe, sondern mit einer Tordifferenz von -28 sogar ganz knapp die Qualifikation für die Runde um die Plätze fünf bis acht als zweitbester Gruppendritter hinter Tunesien (-27) und vor dem Iran (-29). Dort folgte gegen Argentinien noch eine klare Niederlage mit 26:39, aber im Spiel um den siebten Rang gegen Tunesien fehlte dann mit 41:44 nicht viel zu einer noch besseren Platzierung.
Jagar-Wölker ist überzeugt, dass in seinem US-Team noch mehr Potenzial steckt: \"Man muss ja bedenken, dass wir im Nachteil sind gegenüber Mannschaften wie der deutschen, die sich immer wieder zu Lehrgängen treffen. Wir kommen dagegen aus verschiedenen Nationen für ein Turnier zusammen, und da heißt es dann: Jetzt macht mal! Da ist es schwierig, die verschiedenen Spielsysteme und Ideen unter einen Hut zu bringen.\" Im WM-Aufgebot standen Spieler mit Heimatvereinen in Rumänien, Ägypten, Norwegen, Frankreich, Spanien, Italien, Schweden und Dänemark. Neben dem Bayreuther waren auch noch vier weitere Deutsche dabei. In den USA spielen nur acht, und zwar alle bei San Francisco CalHeat.
Seine persönliche Position in diesem bunten Aufgebot sieht das HaSpo-Talent, das im Verein sogar als Trainer bei zwei Mannschaften engagiert ist (D-Jugend und Minis), durch sein WM-Debüt gestärkt: \"Ich fand es toll, wie viel Vertrauen mir die Coaches geschenkt haben. Dabei hatte ich nur zwei Wochen Vorbereitung, denn ich hatte davor vier Wochen lang Sportverbot und war sogar einen Teil der Zeit im Krankenhaus.\" Entsprechend positiv sei das abschließende Einzelgespräch ausgefallen: \"Mir wurde gesagt, dass man mich empfehlen würde, etwa für einen Platz in einem deutschen Leistungszentrum. So einen Platz zu bekommen, wäre ein weiterer großer Schritt.\" Kurzfristig sei ein damit verbundener Abschied aus Bayreuth aber noch kein Thema für den Gymnasiasten der zwölften Jahrgangsstufe: \"Jetzt muss ich mich erst mal auf mein Abitur konzentrieren.\"
Der Traum von der Olympia-Teilnahme erscheint für Luca Jagar-Wölker aber immerhin schon realistischer als bei der ersten Sichtung für das US-Team vor zwei Jahren in Schweden: \"Die Trainer kennen mich, mein Name steht im Pool. Ich würde es mal so beschreiben: Den Schritt auf die Rolltreppe habe ich geschafft, jetzt muss es nur noch aufwärts gehen.\"