Es ist ein Paradebeispiel dafür, dass Tabellen in einer frühen Phase der Saison noch nicht viel über die Kräfteverhältnisse aussagen: Wenn HaSpo Bayreuth am vierten Spieltag der Handball-Regionalliga Bayern der Männer am Samstag um 19.30 Uhr im Schulzentrum Ost die TG Landshut zu Gast hat, ist das ein Spitzenspiel zwischen zwei von insgesamt nur noch drei verlustpunktfreien Mannschaften. Trotzdem ist die Favoritenrolle aber ganz klar verteilt, und zwar zugunsten der Gäste. Die Niederbayern sind zwar gerade nach einjährigem Gastspiel in der 3. Liga wieder abgestiegen, gelten aber spätestens seit ihrem 29:28-Auftaktsieg gegen die ebenso hoch gehandelte SG Regensburg als einer der aussichtsreichsten Titelanwärter.
„Das ist eine andere Liga, vielleicht sogar zwei Ligen“, sagt HaSpo-Trainer Mathias Bracher zum Vergleich dieser Aufgabe mit den bisher einzigen Spielen gegen TSV Rothenburg (31:20) und TSV Ismaning (36:22). „Diese beiden Gegner bekamen Probleme, wenn sie wechseln mussten. Landshut hat dagegen einen tief besetzten Kader auf hohem Niveau.“ Der Abstieg aus der 3. Liga als Tabellenletzter der Gruppe Süd (10:50 Punkte) hat daran offenbar nichts geändert. Zwar gab es einige Abgänge, aber die Neuzugänge können sich sehen lassen.
Die eindrucksvollsten Referenzen hat der neue Torhüter Admir Ahmetasevic. Der 31-Jährige war mit der Nationalmannschaft von Bosnien-Herzegowina bei der Europameisterschaft 2024 in Deutschland im Einsatz und hat in seiner Profi-Laufbahn viel internationale Erfahrung gesammelt mit Pfadi Winterthur (Schweiz) im EHF-Cup und mit Wisla Plock (Polen) sogar auf höchster Ebene in der Champions League. Internationales Niveau verspricht auch der serbisch-ungarische Spielmacher Filip Sunajko (29), der in den vergangenen zehn Jahren in der höchsten Spielklasse Ungarns aktiv war.
Der in Nordmazedonien geborene Rückraumspieler Dario Petrovski (27) kam zwar vom HC Zwickau aus der Oberliga Sachsen, wo er in verletzungsbedingt nur 17 Partien 123 Tore erzielt hat (ohne Siebenmeter), aber er hat auch schon in Spanien und in Italiens Serie A gespielt. Da ist es bemerkenswert, dass der bisher erfolgreichste Torschütze der TG in dieser Saison ein zurückgekehrtes Eigengewächs ist: Linksaußen Armin Guss, der 2022 als B-Jugendlicher zum HSC Coburg gewechselt war und dort in den vergangenen beiden Jahren in der Regionalliga-Mannschaft aktiv war, hat bei seinen bisherigen beiden Einsätzen 15 Treffer erzielt. Seit Anfang Oktober ist nun auch noch Leon Gerstner dabei, der beim Drittligisten Pforzheim-Eutingen zu den Leistungsträgern gehörte und nun sein Studium in Landshut aufgenommen hat.
Ein Bayreuther als Kapitän und Torjäger
Trotz dieses namhaften Aufgebots spielt aber ein Bayreuther Eigengewächs eine besondere Rolle im Kader von Trainer Csaba Szücs, der als junger Spieler beim HC Erlangen einst von Matthias Bracher trainiert wurde. „Der ist schon immer noch überragend“, sagt der HaSpo-Coach über Paul Saborowski. Der Linkshänder war 2023 aus beruflichen Gründen nach Landshut gewechselt, hatte gleich wesentlichen Anteil am souveränen Aufstieg in die 3. Liga und glänzte dann dort als Vierter in der Torjägerliste der Staffel Süd mit 185/14 Treffern in 30 Spielen (6,17 im Schnitt). Als Mannschaftskapitän (zusammen mit dem derzeit verletzten Ex-Bayreuther Tobias Gretsch) eröffnete er die aktuelle Saison dann gleich mit sieben Treffern gegen den möglichen Hauptkonkurrenten Regensburg, darunter die entscheidenden in den letzten fünf Minuten zum 26:23, 28:25 und 29:27.
Als Argument für eine Außenseiterchance lässt sich bei HaSpo nicht einmal die Hoffnung anführen, vom Gegner unterschätzt zu werden. Schließlich musste die TG Landshut bei ihrem bisher letzten Auftritt in Bayreuth im Dezember 2023 mit 24:28 die einzige Niederlage hinnehmen innerhalb eines Siegeszugs von 4:4 Punkten zum Endstand von 45:7. „Daran wird sie Paul bestimmt noch mal erinnern und auch daran, dass wir gegen Spitzenteams schon immer gut gespielt haben“, sagt Bracher.
Als chancenlos betrachtet der HaSpo-Trainer seine Mannschaft aber trotz allem nicht: „Viel wird davon abhängen, ob es unserer Abwehr gelingt, die Landshuter zu nerven und dadurch Gegenstöße zu ermöglichen. Oder aber wir scheitern auf der anderen Seite an der Landshuter Abwehr und kassieren selbst viele Kontertore. In jedem Fall muss es das Ziel sein, möglichst lange in Schlagdistanz zu bleiben.“ Über die Chancen entscheidet aber auch nicht zuletzt, ob die Zeit durch das spielfreie vergangene Wochenende ausgereicht hat, um den zuletzt auf nur noch sechs erfahrene Feldspieler dezimierten Kader wieder etwas zu verstärken: „Ich weiß selbst noch nicht genau, wer spielen kann.“